Im Rahmen meiner Mitarbeit im Präsidium des Deutschen Städte- und Gemeindebundes nahm ich an der Tagung in Berlin (im Rahmen einer privaten finanzierten Reise) teil, bei der wichtige Beschlüsse gefasst und Forderungen formuliert wurden.
„Wir erleben seit dem 24. Februar eine Zeitenwende in der Politik und in der Ge- sellschaft“, sagten der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Bürgermeister Ralph Spiegler, und der Hauptgeschäftsführer Dr. Gerd Lands- berg, heute anlässlich der Sitzung des Präsidiums des Verbandes in Berlin. Explo- dierende Energiekosten infolge des Krieges in der Ukraine, Herausforderungen bei der Versorgungssicherheit, Inflation, Klimaschutz und -anpassung stellen den Staat, aber insbesondere die Städte und Gemeinden, vor riesige Herausforde- rungen.
Spiegler und Landsberg forderten mehr Realitätssinn und eine schonungslose Be- trachtung der Wirklichkeit durch die Politik. „Die Grenzen der gesamtstaatlichen Leistungsfähigkeit sind erreicht, wenn nicht sogar bereits überschritten. Zukunfts- aufgaben wie Energiewende, Wärmewende und Mobilitätswende, Klimaschutz und Klimaanpassung, die Digitalisierung, die Stärkung der Bildung, der Fachkräfte- mangel und auch die Schaffung bezahlbaren Wohnraums erfordern eine neue und realistische Einschätzung dessen, was noch leistbar ist“, so Spiegler und Landsberg.
„Die Politik muss den Menschen ehrlich kommunizieren, dass vieles was wün- schenswert ist, möglicherweise nicht realisierbar sein wird. Es bedarf eines gemein- samen Verständnisses von Bund, Länder und Kommunen, dass Leistungsverspre- chen erst dann gemacht werden sollten, werden deren Umsetzbarkeit und deren Finanzierbarkeit gesichert ist. Genau daran fehlt es derzeit“, betonten Spiegler und Landsberg. Die Vorhaben in der Koalitionsvereinbarung müssten nach der Zeiten- wende nun kritisch überprüft und gegebenenfalls auch korrigiert werden.
Ein Beispiel sei die Ganztagsbetreuung in der Grundschule. „Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule ist ein wichtiges Ziel, man muss ihn aber hinterfragen dürfen, wenn es kein Personal gibt und die Finanzierung nicht gesichert ist“, stellten Spiegler und Landsberg klar.
Auch in der Flüchtlingspolitik, brauche es mehr Realitätssinn. „Die Zahl der Flücht- linge wird wahrscheinlich noch zunehmen, die Unterbringungsmöglichkeiten sind begrenzt. Deswegen brauchen wir schnell einen Masterplan mit einer systemati- schen Initiative zum Ausbau von Unterkünften durch Bund und Länder. Auch hier gilt der Grundsatz: Unsere Herzen und unsere Anteilnahme sind groß, aber unsere Möglichkeiten sind nicht unbegrenzt.“
„Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch der Wirtschaft, offen kom- munizieren, was vom Staat in Zukunft noch prioritär geleistet werden kann und was nachrangig sein muss. Der Staat wird nicht alle Krisenfolgen ausgleichen kön- nen“, so Spiegler und Landsberg abschließend. „Ohne Eigenvorsorge und Eigen- verantwortung aller wird es nicht gelingen, die vor uns liegenden Zukunftsaufga- ben zu bewältigen.“